KLuvstock-Springen

Kluvstock Springen
heißt es alljährlich auf der Mulsumer Wierde. Und
alle Leute aus nah und fern sind herzlich eingeladen, den Meister
in der Nutzung dieses Gerätes ausfindig zu machen.
Dabei werden
viele ihn wahrscheinlich gar nicht kennen, den Kluvstock. Er
ist kein Gebrauchsgegenstand für den Hüter einer Schafherde
und auch mit dem Holzaußenbordmotor venezianischer Gondoliere
hat er nur eine zufällige Ähnlichkeit. Der moderne
Kluvstock ist, wenn wir's auf den Punkt bringen "Verkehrsmittel"
und "Sportgerät" zugleich. Auch früher schon
fand er seine multifunktionale Verwendung für den Benutzer
insbesondere darin, in Feld und Flur über Gräben und
Bäche rasch voranzukommen. In seiner zweiten Funktion war
er dann aber eher dazu geeignet, potentielle Räuber, Banditen
und Wegelagerer fernzuhalten oder dem Gegner bei kriegerischen
Auseinandersetzungen ein wenig nach dem Leben zu trachten. Es
ist historisch belegt, dass die Wurster bei ihren Kämpfen
gegen geistliche und weltliche Herrschaftsansprüche, in
Ermangelung
raffinierterer Waffengattungen, zum dem mit scharfer Klinge bewährten
Kluvstock griffen, um ihre Freiheit zu verteidigen. Fest steht,
dass Herzog Johann IV. von Sachsen-Lauenburg 1484 bei der Schlacht
von Alsum und auch Herzog Magnus mit seiner "Schwarze Garde"
1499 bei der Schlacht am Grauen Wall vor Weddewarden ihre unliebsame
Bekanntschaft mit der Spezialwaffe "Kluvstock" machten.
Es war wohl erst der Erzbischof Christoph aus Bremen mit seiner
riesigen Übermacht, der bei der Schlacht am Wremer Tief
am 23. Dezember 1517 den Freiheitswillen der Wurster Friesen
erstmalig
brach. Bei diesem Kampf wurde auch die im Land Wursten noch heute
wegen ihres Mutes und ihrer Tapferkeit bekannte Fahnenjungfer
Tjede Peckes aus Padingbüttel von einem Landsknecht erschlagen.
Natürlich ergaben sich in den Folgejahren Aufstände
und Niederschlagungen bei denen der bewährte Kluvstock seinen
Dienst erwies. Wir wenden uns aber nunmehr friedlicheren Zeiten
zu. Zeiten in denen die Landwirtschaft, die Fischerei und die
Jagd für einen gedeckten Tisch bei den Wurster Bauern sorgen
sollte. Gerade für den Waidmann auf seinem Weg in reichhaltige
aber unwegsame Jagdgefilde oder bei der Verfolgung seiner Beute,
querfeldein durch die Marschenlandschaft, über Gräben
und Wasserläufe leistete der Kluvstock beim Überqueren
der natürlichen Hindernisse hervorragende Dienste - wenn
man ihn denn zu bedienen verstand!
Dieses für
die Marschenlandschaft ganz famose und praktische Verkehrsmittel
erlebt inzwischen als Sportgerät einen neuen Aufschwung.
Hochburg dieses Schwunges ist die Gemeinde Mulsum, geographisch
zwischen den Nordseebädern Wremen und Dorum gelegen, macht
hier der Kluvstock in moderner Verwendung alljährlich von
sich Reden. Nämlich dann, wenn im Wierdener Viertel zu den
Kluvstockspring-Meisterschaften eingeladen wird. Hunderte von
Aktiven und Schaulustigen, jung und alt, Frauen und Männer
sind dann gespannt, wer sich im fairen Sprungkampf als Sieger
durchsetzen wird. Und ein bißchen Schadenfreude darf hier
natürlich auch nicht fehlen, denn nicht jeder erreicht mit
Hilfe des Kluvstockes das rettende Ufer. So manch einen zieht
es auch hinab ins kühle Nass, in die erfrischende Entengrütze.
Egal nächstes Jahr wird's besser klappen! |