Bet-Glocke - Geschichte

"Korsett" hält Kirchenmauern - Erster Teil

180 Spezialanker in Mauerwerk eingelassen - Zweijährige Sanierung kostet 1,3 Millionen Euro

Wremen (jf). „Selbst die kleinsten Dorfkirchen sind mit dazu bestimmt, ständig umhegt und repariert zu werden", soll der frühere Bischof der Hannoverschen Landeskirche, Hanns Lilije, einmal gesagt haben. Wremen ist ein Beispiel dafür. Gut zwei Jahre hat die Sanierung des 850 Jahre alten Gotteshauses gedauert. Kostenpunkt: 1,3 Millionen Euro. Äußerlich sind die Instandsetzungs-Arbeiten wegen der blitzsauberen Tuffstein-Verkleidung an Nord- und Südwand der Kirche zu erkennen. Die Mauern sehen wieder so aus, wie um 1200, als das mächtige romanische Bauwerk von fast 50 Meter Länge fertig gestellt worden war. Die umfangreichen Reparaturarbeiten an dem Gotteshaus waren erforderlich geworden, weil nach jahrelangen Messungen festgestellt worden war, dass die rund 1,30 Meter dicken Tuffstein-Mauern auseinander strebten. Der viele Tonnen schwere Dachstuhl war zu schwer, die Wände konnten diesem Druck nicht widerstehen. Der eigentliche Auslöser des Problems aber liegt tief in der Erde verborgen. Der geringe Druck des Druck des Grundwassers unter der höchsten Stelle der Dorfwurt ist nach Ansicht von Pastor Detlef Mauritz und Helmut Colpe, Vorsitzender des Kirchenvorstandes, mit Schuld an der Instabilität der Kirchenwände.


Die äußeren Mauern der Wremer Kirche erstrahlen wie neu. Aus dem Foto stehen Pastor Detlef Mauritz (r.) und der Vorsitzende des Kirchenvorstandes, Helmut Colpe, vor der Südwand der Kirche. Foto:jf

Starker Wasserdruck sorge nämlich mit für die Stabilität des jahrhundertealten Gebäudes. Vermutlich sei dieser Druck in den vergangenen Jahrzehnten erheblich gesunken. Verantwortlich dafür seien wiederum die umfassenden Entwässerungsmaßnahmen in Land Wursten. Der gesamte Dachstuhl der Wremer Kirche erhielt eine tragende Rahmenkonstruktion aus so genanntem Kernholz. Pur die Arbeiten musste das Kirchendach nicht abgehoben werden. Die im Inneren des Gebäudes zusammengesetzte Konstruktion ruht auf in den Wänden eingelassenen Spezialträgern. Die 30 Zentimeter dicke äußere Tuffsteinschicht haben die Handwerker herausgenommen. Der rund 70 Zentimeter breite Hohlraum zwischen den Kirchenwänden wurde mit Tuff- und Feldsteinen ausgefüllt und verdichtet. Für die Stabilität des gesamten Mauerwerkes aber sorgen so genannte Injektionsanker (2,5 Zentimeter im Querschnitt und 1,60 Meter lang). Insgesamt 180 dieser Ankerwurden im Mauerwerk der Süd- und Nordwand eingebaut. Dadurch wurde die Stabilität des Kirchenschiffes wieder hergestellt. Von dem „Riesenkorsett" erhoffen sich Colpe und Mauritz, dass das „Problemkind Mauerwerk" endgültig der Vergangenheit angehört.
Quelle: Nordsee-Zeitung vom 1. März 2005

-Teil 2-

Korsett aus Stahlbeton stützt die Wände - Sanierung der ältesten Wurster Restauratorin Marion Eifinger hat Altar, Kanzel und Taufe gereinigt. Die Wandmalereien wurden "stabilisiert".Kirche kostet rund 1,5 Millionen Euro

Wremen (ul). Durch und durch feucht war das Mauerwerk und der Putz in der Wremer St.-Willehadi-Kirche. Die Außenmauern neigten sich bedenklich, das Kirchenschiff war instabil. Die daraus entstandenen Zerstörungen waren so groß, dass die komplette Sanierung der ältesten Wurster Kirche über sechs Jahre dauerte. Am 1. Advent 2007 wird das Gotteshaus neu eingeweiht. Die Sanierung der Wehrkirche aus der Zeit um 1200 hat rund 1.460.000,-- Euro gekostet. Davon hat die Landeskirche inklusiveeines kleinen Anteils vom Kirchenkreis den Löwenanteil von 1.150.000,-- Euro getragen. Der Rest sind Eigenmittel. „Wir sindfroh, dass die Sanierungsarbeiten fast beendet und gut verlaufen sind", betont Pastor Detlef Mauritz.

Risse im KirchenschiffVon Grund auf saniert. Neue Tuffsteine aus der Eifel verbaut und die alten Fenster restauriert.

„Gut sechs Jahre lang war unsere Kirche außen und innen immer wieder Baustelle", erläutert Kirchenvorsteher Helmut Colpe, der sich vehement für die Erhaltung der alten Bausubstanz, eingesetzt hat und die Bauarbeiten tagtäglich begleitete. Begonnen hat die unendliche Sanierungsgeschichte bereits; in den Jahren 1983/84, als starke Risse im Kirchenschiff aber auch im Chorraum und sogar im Turm entdeckt wurden. Zuganker brachten keine Besserung der Situation. „Die Neigung der Südwand nach außen wurde langsam beängstigend", erinnert sich Colpe.

1991/92 ergab dann eine Bodenanalyse mit Kernbohrungen bis 26 Meter Tiefe, dass das Kirchenschiff auf einem unglaublich stabilem Fundament aus riesigen Felssteinen ruht. Kommentar der Fachleute: „Das hält ewig". Letztlich kamen die Experten zu dem Schluss, das Kirchendach drücke wegen einer nicht ausreichenden Statik die Wand nach außen.

Radikalkur verschrieben

Unter Federführung des landeskirchlichen Amtes für Bau- und Kunstpflege wurde die Finanzierung des Projekts „Sanierung Wremer Kirche" dann 2001 von der Landeskirche genehmigt. Im ersten Abschnitt konnte die statische Sicherheit wiederhergestellt werden. Dafür musste der Dachstuhl des Kirchenschiffs mit einem aufwendigen Hilfsrahmen stabilisiert werden. Auch die 1,10 Meter dicken Wände des Kirchenschiffs sind durch ein Auch die Bordüren im Wand-Decken Bereich des Kirchenschiffes wurden vorm Abblättern geschützt.Stahlbetonkorsett gesichert worden.
Im nächsten Schritt ab 2003 erfuhren die Außenwände der Tuffsteinkirche eine Radikalkur. Die gesamte Verklinkerung, die eine Ableitung der Feuchtigkeit nach außen verhinderte, wurde abgeschlagen und durch eine neue Tuffsteinaufmauerung ersetzt. 2005 war auch dieser Teil der Sanierung geschafft. Die Innensanierung forderte noch einmal alle Experten. Da die Innenwände durch Feuchtigkeit von Salzkristallen und Pilzen völig zerfressen waren, musste der Putz komplett entfernt werden. Eine neue Heizungsanlage half, die Wände auszutrocknen. Anschließend sind die tief ins Mauerwerk gehenden Risse verschlossen und Wände sowie die Chorraumkuppel mit einem speziellen Muschelkalkputz abgedeckt worden. Zuletzt haben Altar, Kanzel,Taufe und die alten Kirchenstühle durch Reinigung und Aufarbeitung ihren alten Glanz zurück bekommen. Außerdem wurden die Wandmalereien im Übergang zur Decke wieder auf ihrem Untergrund stabilisiert.
Quelle: Nordsee-Zeitung vom 28.11.2007; Fotos: Beate Ulich - www.nordseefoto.de
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